Häufig wird Alkohol in der Schwangerschaft und Alkohol in der Stillzeit gleich gesetzt und es wird mit FAS (Fetales Alkoholsyndrom) gegen Alkohol in der Stillzeit argumentiert. Alkohol in der Schwangerschaft und Alkohol in der Stillzeit dürfen aber auf keinen Fall gleichgesetzt werden.
Wenn eine Frau in der Schwangerschaft Alkohol trinkt, hat das Kind den gleichen Blutalkoholspiegel wie die Mutter, es trinkt also im Endeffekt die gleiche Menge Alkohol. Bei einem gestillten Kind ist das nicht so. Es trinkt nicht den Sekt oder das Bier und hat auch nicht den gleichen Alkoholspiegel.
Es geht nicht darum, ob Alkohol schadet oder nicht.
Natürlich schadet Alkohol, darüber muss man nicht streiten!
Natürlich kann man sagen, eine stillende Frau wird ja mal ein paar Monate auf Alkohol verzichten können. Aber Fakt ist, dass viele, zum Glück, nicht nur ein paar Monate stillen, sondern ein paar Jahre und Fakt ist auch, dass viele Frauen auch stillend nicht auf Alkohol verzichten möchten. Davon mag man halten, was man will, wenn es für das Kind nicht schädlich ist, warum sollte man in Kauf nehmen, dass die Mutter verfrüht abstillt, um etwas trinken zu können, statt ihr zu sagen, dass es ok ist, auch in der Stillzeit mal ein Glas Alkohol zu trinken?
Alkohol trinken zu können sollte kein Abstillgrund sein, ist es aber sehr häufig und wenn es nur darum geht, sich als Mama einfach mal „normal“ fühlen zu können. Denn viele Mütter fühlen sich nicht mehr normal. Wieder aus dem Grund, weil die Gesellschaft sie stigmatisiert, nicht weil sie wirklich auf so viel achten müssten.
Stillen ist mit einem normalen Leben und einem normalen Alltag kompatibel, auch wenn dieser Alltag gelegentlich ein Glas Wein enthält.
Warum wird Müttern das Stillen ständig so unnötig schwer gemacht? Es ist einfach so schade, dass Frauen wegen unnötiger Panikmache abstillen!
Und genau darum geht es.
Der Rest ist einfachste Grundschulmathematik
Der Alkoholgehalt in Muttermilch ist immer so hoch wie im Blut der Mutter. Dabei muss man bedenken, dass das Kind die Muttermilch noch trinkt und der Alkohol nicht eins zu eins ins Blut übergeht.
Hat die Mutter 1 Promille Blutalkohol, trinkt das Kind ein Getränk mit einem Alkoholgehalt von 0,1%. Das ist 1 ml Alkohol auf einen Liter Muttermilch (wenn es einen Liter auf einmal trinken würde). Mehr als 250ml wird aber auch kein großes Kind trinken, also nimmt es höchstens 0,25ml Alkohol auf.
Viele Lebensmittel haben mehr als 0,1% Alkohol und nein, das macht keinen Unterschied, die chemische Zusammensetzung bleibt gleich, egal ob es ein alkoholisches Getränk ist oder ein Lebensmittel. Unserem Körper ist es schlicht egal wo der Alkohol herkommt. Zumal Muttermilch ohnehin ein Lebensmittel ist.
Traubensaft: 1%
Reife Banane (z.B. zum Backen) 0,6%
Roggenbrot: 0,3%
Weißbrot: 0,2%
Apfelsaft: 0,2%
Noch einmal zum Verständnis
Bei 0,5 Promille im Blut der Mutter hätte ein 3 Monate altes Kind, wenn es sofort gestillt wird, einen Blutalkoholspiegel von 0,0039 ‰ (Promille), das entspricht 0,055 g Alkohol. Von dem, was die Mutter an reinem Alkohol verzehrt, kommt im Blut des Neugeborenen also nur ein Bruchteil – gerade mal 0,094 % der Gesamtmenge an. Das entspricht knapp einem Tausendstel.
Hat die Mutter 2,5 Promille Alkohol im Blut, was als Beginn der Unzurechnungsfähigkeit zählt, nimmt das Baby durchschnittlich 0,375 Gramm Alkohol zu sich, was einer Blutalkoholkonzentration von 0,059 Promille entspricht.
Oft wird damit argumentiert, dass z.B. ein Glas Wein ja schon 19 Gramm Alkohol enthält. Die 19 Gramm haben aber nichts mit dem Alkoholgehalt in der Milch zu tun.
Je nach Geschlecht, Statur, Größe, Gewicht, …. hat ein Mensch nach dem Verzehr von 19 Gramm Alkohol durchschnittlich 0,38 Promille Blutalkohol.
Das bedeutet, dass die Milch dann 0,038% Alkohol enthält = 0.38 ml Alkohol auf einen Liter Muttermilch.
Größere Mengen Alkohol
Alkohol regt nicht, wie oft behauptet, die Milchbildung an, aber Alkohol entspannt und löst Ängste. Das kann unter bestimmten Umständen kurzfristig den Anschein machen, mehr Milch zu haben.
Bei größeren Mengen Alkohol kann allerdings der Milchspendereflex durch den Alkohol gemindert werden. Kommt das öfter vor, kann dies sogar zu einer schlechteren Zunahme des Kindes führen.
Durch die Auswirkungen auf den Milchspendereflex trinken viele Kinder weniger Muttermilch als sonst, während die Mutter Alkohol trinkt und holen die Milchmenge dann später nach.
Wenn die Mutter Alkohol trinkt, muss sie unbedingt noch dazu in der Lage sein, sich um ihr Kind kümmern zu können, alleine aus diesem Grund werden die meisten Mütter ohnehin nur geringe Mengen Alkohol zu sich nehmen. Sollte sie mehr trinken, muss sich eine andere Bezugsperson um das Kind kümmern.
Auch auf das Familienbett sollte in diesem Fall unbedingt verzichtet werden.
Alkoholismus
Alkoholismus ist wieder etwas anderes, aber selbst da ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass das Kind schon durch Alkohol in der Schwangerschaft (FAS) geschädigt wurde.
Aber weil ein Alkoholiker in der Regel den Alkoholspiegel konstant hält, bekommt auch das Kind konstant Alkohol, gerade bei kleinen Kindern, die noch oft stillen kann sich der Alkohol so anreichern und wirklich zu höheren und dann natürlich schädlichen Mengen Alkohol durch die Muttermilch führen.
In Einzelfallberichten, in denen Mütter regelmäßig große Mengen an Alkohol konsumierten oder an Alkoholismus litten, zeigten die Kinder ein auffälliges Schlafverhalten, eine verminderte Fähigkeit zu Saugen, eine erhöhte Gewichtszunahme und/oder Anzeichen einer Vergiftung.
Laut weniger Studien kann exzessiver Alkoholkonsum während der Stillzeit zudem zu Sedierung, Wachstumsverzögerung, Reizbarkeit, psychomotorischer Verzögerung und niedrigeren kognitiven und akademischen Leistungen führen.
Die tatsächlichen Auswirkungen für Kinder alkoholabhängiger Mütter während der Stillzeit sind noch unbekannt, aus diesem Grund sollten alkoholkranke Mütter vorsichtshalber auf das Stillen verzichten.
„Wie bereits bekannt geht Alkohol in hohem Maße aus der mütterlichen Blutbahn in die Muttermilch über, daher deckt sich der „Milch-Alkohol-Spiegel“ nahezu mit dem mütterlichen Blutalkoholspiegel. Allerdings ist die mütterliche Resorptionsrate für Alkohol in der Stillzeit erniedrigt, sodass ein geringerer Anteil des aufgenommenen Alkohols überhaupt in der Blutbahn der Mutter erscheint.“
„Alkohol hat eine Auswirkung auf die mütterlichen Hormone, die während der Stillzeit entscheidend sind. Die Alkoholeinnahme führt unmittelbar zu einem Absinken des Oxytocin-Spiegels, allerdings ist der Effekt nur in hohen Dosen relevant.“
„In Einzelfallberichten, in denen Mütter große Mengen an Alkohol konsumierten oder an Alkoholismus litten, zeigten die Kinder ein auffälliges Schlafverhalten, eine verminderte Fähigkeit zu saugen, eine erhöhte Gewichtszunahme und/oder Anzeichen einer Vergiftung.
Ein gelegentlicher und maßvoller Konsum von Alkohol hingegen führt tendenziell höchstens zu leichten Verhaltensänderungen des Säuglings: in den ersten Stunden nach der Einnahme nimmt das Kind weniger Milch zu sich und gleicht dies durch eine etwas erhöhte Trinkfrequenz einige Stunden später wieder aus.“
„Insgesamt zeigt die Studienlage, dass ein gelegentlicher Alkoholkonsum in kleinen Mengen mit dem Stillen vereinbar ist.“
– Europäisches Institut für Stillen und Laktation (EISL)
„Abschätzungen auf Basis experimenteller Untersuchungen zeigen, dass die Konzentration des Alkohols im kindlichen Körper bei einer moderaten Menge Alkohol (bis zu 0,25 l) sehr gering ist, denn es geht nur ein Teil des mit der Muttermilch aufgenommenen Alkohols in das Blut des Babys über.“
Es wurde berechnet, dass nach dem Genuss eines Glases Wein (250 ml = ca. 32,5 g Alkohol) über einen Zeitraum von 30 Minuten das mütterliche Blutalkoholvolumen bei 0,59 ‰ liegt.
Würde sie ihr Baby nach dem Austrinken sofort stillen, wären bei einem Neugeborenen 0,0034 ‰ (das entspricht 0,0305 g Alkohol), bei einem dreimonatigen Baby 0,0039 ‰ (das entspricht 0,055 g Alkohol) im Blut nachzuweisen.
– Bundesinstitut für Risikobewertung
„Von dem, was die Mutter an reinem Alkohol (32,5 g) verzehrt, kommt im Blut des Neugeborenen also nur ein Bruchteil – gerade mal 0,094 % der Gesamtmenge an. Das entspricht knapp einem Tausendstel.“
– Bundesinstitut für Risikobewertung
„Generally, moderate alcohol consumption by a breastfeeding mother (up to 1 standard drink per day) is not known to be harmful to the infant.“
(Im Allgemeinen gibt es keine Hinweise darauf, dass ein mäßiger Alkoholkonsum einer stillenden Mutter (bis zu 1 Standardgetränk pro Tag) für den Säugling schädlich ist.)
– CDC Centers for Desease Controll and Prevention
„To keep health risks from alcohol to a low level, it’s safest not to drink more than 14 units a week on a regular basis. If you regularly drink as much as 14 units per week, it’s best to spread your drinking evenly over 3 or more days. If you wish to cut down the amount you drink, a good way to help achieve this is to have several drink-free days each week.
Fourteen units is equivalent to:
– 6 pints of average-strength beer
– 10 small glasses of low-strength wine“
(Um die Gesundheitsrisiken durch Alkohol auf einem niedrigen Niveau zu halten, ist es am sichersten, nicht mehr als regelmäßig 14 Einheiten pro Woche zu trinken. Wenn Sie regelmäßig bis zu 14 Einheiten pro Woche trinken, ist es am besten, den Konsum gleichmäßig auf 3 oder mehr Tage zu verteilen. Wenn Sie weniger trinken möchten, können Sie dies am besten durch mehrere alkoholfreie Tage pro Woche erreichen.
Vierzehn Einheiten entsprechen:
– 6 Pints durchschnittlich starkes Bier
– 10 kleine Gläser Wein mit geringer Stärke)
– NHS mental health services UK
Eine Stillmahlzeit mit einem geringen Alkoholgehalt ist einer Fütterung mit Flaschennahrung vorzuziehen, denn Flaschennahrung birgt Risiken.
– Deutscher Hebammenverband
“ingestion of alcoholic beverages should be minimized and limited to an occasional intake but no more than 0.5 g alcohol per kg body weight, which for a 60 kg mother is approximately 2 oz liquor, 8 oz wine, or 2 beers. Nursing should take place 2 hours or longer after the alcohol intake to minimize its concentration in the ingested milk.”
(Die Einnahme von alkoholischen Getränken sollte minimiert und auf eine gelegentliche Einnahme beschränkt werden, jedoch nicht mehr als 0,5 g Alkohol pro kg Körpergewicht, was für eine 60 kg schwere Mutter ungefähr 2 Unzen Schnaps, 8 Unzen Wein oder 2 Bier entspricht. Das Stillen sollte 2 Stunden oder länger nach der Alkoholaufnahme erfolgen, um die Konzentration in der aufgenommenen Milch zu minimieren.)
– American Academy of Pediatrics
„Maternal blood alcohol levels must attain 300 mg/100ml before significant side effects are reported in the infant. (80mg/100ml fails the police breath test).“
(Der mütterliche Blutalkoholspiegel muss 300 mg/100 ml erreichen, bevor beim Säugling signifikante Nebenwirkungen gemeldet werden. (Ab 80mg/100ml besteht man den Atemtest bei der Polizei nicht mehr)
– La Leche League
“In terms of units of alcohol drunk, drugs-info.co.uk equates 200–300mg/100ml blood level to 15-20 units of alcohol (7-10 pints of beer) noting that after drinking this amount most people would have passed out.“
(In Bezug auf die getrunkenen Alkoholeinheiten setzt drug-info.co.uk 200-300 mg/100 ml Blutspiegel mit 15-20 Einheiten Alkohol (7-10 Pints Bier) gleich, wobei darauf hingewiesen wird, dass die meisten Menschen nach dem Trinken dieser Menge ohnmächtig geworden wären.)
– drugs-info.co.uk
“Reasonable alcohol intake should not be discouraged at all. As is the case with most drugs, very little alcohol comes out in the milk. The mother can take some alcohol and continue breastfeeding as she normally does. Prohibiting alcohol is another way we make life unnecessarily restrictive for nursing mothers.”
(Von einem vernünftigen Alkoholkonsum sollte überhaupt nicht abgeraten werden. Wie bei den meisten Drogen kommt nur sehr wenig Alkohol in die Milch. Die Mutter kann etwas Alkohol trinken und wie gewohnt weiterstillen. Das Verbot von Alkohol ist eine weitere Möglichkeit, das Leben von stillenden Müttern unnötig einzuschränken.)
– Jack Newman, International Breastfeeding Centre